Belle II: Datennahme 2022 abgeschlossen und neuer Weltrekord

Die Belle II-Kollaboration hat in der Datennahmeperiode 2022 mit dem Teilchenbeschleuniger SuperKEKB einen neuen Rekord erreicht: Der Elektron-Positron-Beschleuniger erreichte eine instantane Luminosität von 4,7 x 10^34 cm-²s-¹ und verdoppelt damit den Weltrekord seines Vorgängers KEKB. Damit erhöht sich die Anzahl der im Belle II-Detektor erzeugten und aufgezeichneten Teilchenkollisionen, und somit die Wahrscheinlichkeit auch sehr seltene physikalische Prozesse zu finden, erheblich.

Der SuperKEKB-Beschleuniger in Japan ist eine Super-B-Fabrik, ein Elektron-Positron-Teilchenbeschleuniger mit hoher Luminosität, der eine große Anzahl von Beauty-Quark-Anti-Beauty-Quark-Paaren erzeugt, deren Zerfälle im Belle II-Detektor mit modernsten physikalischen und technologischen Methoden untersucht werden. Das internationale Großprojekt widmet sich wichtigen Fragen der Grundlagenphysik, wie der Frage nach dem kosmischen Ungleichgewicht von Materie und Antimaterie oder der Suche nach neuen Teilchen. Neben japanischen und anderen internationalen Instituten sind auch viele deutsche Institute und Gruppen an der Spitze des Projekts beteiligt: So ist beispielsweise das Herzstück des Belle II-Detektors, der Pixel-Vertex-Detektor, ein Beitrag der deutschen Institute.

Höhere Luminosität erhöht die Kollisionsrate der Teilchen

Um grundlegende physikalische Fragen beantworten zu können, muss ein Teilchenbeschleuniger verschiedene Werte optimieren: Zum Beispiel muss der Detektor möglichst gut zwischen relevanten physikalischen Ereignissen und dem sogenannten Untergrund, also „Störereignissen“, unterscheiden können. Und viele Fragen, welche die Physiker*innen besonders interessieren, basieren auf der Erforschung besonders seltener Zerfälle. Der SuperKEKB-Beschleuniger in Kombination mit dem Belle II-Detektor ist für die Erzeugung einer besonders großen und breiten Datenbasis und damit auf eine hohe Sensitivität ausgelegt. Für die hohe Sensitivität ist die Luminosität ein wichtiger Parameter. Die Luminosität ist eine Kennzahl für die Anzahl der Teilchenbegegnungen pro Zeiteinheit und Fläche: Je höher die Luminosität, desto mehr Teilchenkollisionen gibt es und desto höher ist die Datenausbeute für die Forscher*innen.  

Bei SuperKEKB versuchen die Forschenden die Luminosität laufend zu erhöhen. Dieser kontinuierliche Anstieg stellt die Physiker*innen des Belle II-Experiments immer wieder vor neue Herausforderungen, denn das gesamte Verarbeitungssystem – zum Beispiel die sogenannten Trigger zur Filterung interessanter Ereignisse und die Datenspeicherkapazitäten – müssen an die enorme Datenflut angepasst werden.

Der Belle-II-Physiklauf 2022 ist jetzt abgeschlossen

Der sehr produktive Belle-II-Physiklauf des Jahres 2022 wurde gerade abgeschlossen. Bis heute hat Belle II Daten mit einer integrierten Luminosität von 428 fb-1 aufgezeichnet, eine Datenmenge, die etwa der entspricht, die bei BaBar am PEP-II-Beschleuniger in einem Jahrzehnt Laufzeit gewonnen wurde, und hat gerade eine lange Abschaltung für einen Ersatz des Vertex-Detektors begonnen. Diese Belle-II-Daten werden für viele bevorstehende Veröffentlichungen in Fachzeitschriften sowie für Berichte auf internationalen Konferenzen verwendet.

Im Jahr 2022 hat SuperKEKB die Grenzen der Beschleunigerphysik mit so genannten "Nanostrahlen" und einer vertikalen Strahlgröße von nur 300 Nanometern (250-mal dünner als ein menschliches Haar oder weniger als eine Wellenlänge blauen Lichts) verschoben. Der SuperKEKB-Beschleuniger hat jetzt den Spitzenwert von 4,7 × 1034 cms erreicht, mehr als das Doppelte der höchsten Luminosität, die an seinem Vorgänger, dem KEKB-Beschleuniger, gemessen wurde, und das 3,9-Fache der Spitzenluminosität des PEP-II-Beschleunigers am SLAC. 

Das Rennen geht weiter: Steigerung der Luminosität um das Dreizehnfache

Mit dem Erreichen dieses Ziels ist ein Zwischenkapitel abgeschlossen – doch das Rennen geht weiter: Die Belle II-Kollaboration hat sich zum Ziel gesetzt, die Luminosität in den nächsten Jahren auf einen Wert von 60 × 1034 cms zu steigern – das entspricht ungefähr dem 13-fachen des jetzigen Rekords.

Auf dem Weg zur Zielluminosität von SuperKEKB liegen noch viele spannende, aber auch gewaltige wissenschaftliche und technische Herausforderungen vor den Forschenden. KEK hat vor kurzem Experten aus vielen der weltweit führenden Beschleunigerlabors wie CERN, ESRF, DESY, SLAC, BNL, IHEP und BINP zusammengebracht, die sich in einer "International Task Force" (ITF) zusammengeschlossen haben, um an diesen Herausforderungen zu arbeiten.

Es bleibt also spannend – nicht nur im Hinblick auf den technischen Erfolg der Leistung des Beschleunigers, sondern vor allem im Hinblick auf die neuen physikalischen Erkenntnisse, die sich die Forscher*innen im Zuge dieser Spitzenleistung erhoffen.