Michel Hernandez Villanueva

 

Wo kommst Du her, Michel?*

Mexico City, Mexico

 

Wie bist Du zur Teilchenphysik und zu Belle II gekommen?

Ich habe mein Master- und Promotionsstudium am CINVESTAV in Mexiko absolviert, wo ich die Teilchenphysik und insbesondere die Arbeit in großen Kollaborationen kennenlernte, als ich meine erste Veröffentlichung zur Analyse von Daten des Tevatron/D0 am Fermilab erhielt. Meine Betreuer sind Mitglieder von Belle II und haben mich eingeladen, bei dieser neuen und spannenden Kollaboration mitzumachen.

 

In welchem Gebiet arbeitest Du genau und was motiviert Dich dazu?

Ich arbeite in der Tau-Lepton-Physik. Das Tau ist das einzige Lepton, das schwer genug ist, um in Hadronen (Teilchen aus Quarks) zu zerfallen. Es bietet eine saubere Umgebung für die Untersuchung der Effekte, die durch die Quantenchromodynamik bei niedrigen Energien hervorgerufen werden und noch nicht vollständig verstanden sind. Außerdem könnte das Tau exotische Teilchen wie dunkle Materie erzeugen oder durch Abweichungen von den theoretischen Vorhersagen Hinweise auf neue Physik liefern. Aus experimenteller Sicht ist das eine Herausforderung, da der Zerfall eines Tau immer ein Neutrino einschließt, ein Teilchen, das wir mit unserem Experiment nicht nachweisen können. Daher müssen wir statistische Tricks anwenden, um mit dem Informationsverlust umzugehen. Mir gefällt die Herausforderung und die Tatsache, dass Belle II die präzisesten Messungen von Tau-Leptonen im nächsten Jahrzehnt liefern wird. 

Darüber hinaus trage ich zum dezentralen Computing-System des Experiments bei. Der Umfang der bei den Kollisionen anfallenden Daten liegt in der Größenordnung von mehreren Dutzend Petabyte pro Jahr und ist an einem einzigen Standort nur schwer zu bewältigen. Wir haben Grid-Technologien eingesetzt, um die Dateien auf Standorte in der ganzen Welt zu verteilen und die Analyse parallel durchzuführen. 

 

Warst Du schon in Japan bei Belle II? Wenn ja, was hat am meisten Eindruck hinterlassen?

Ja, mehrere Male. Es macht mir wirklich Spaß, mit den Kollegen von Belle II zu arbeiten. Japan ist ein wundervolles Land mit viel Geschichte, und die japanische Kultur ist in jeden einzelnen Bereich eingebettet, auch in die Einrichtungen von KEK, wo Belle II untergebracht ist. Meine beste Zeit dort war während der Sakura (Kirschblüte) im Frühling, es ist kaum zu beschreiben, wie schön es ist.

 

Was sind Deine Pläne für die nächsten Jahre?

Es gibt viele Möglichkeiten, Tau-Lepton-Studien an Belle II durchzuführen, sobald wir eine ausreichende Menge an Daten erhalten, da die Kollisionen aufgezeichnet werden. In der Zwischenzeit müssen wir uns auf das Verständnis unseres Experiments konzentrieren, um Unsicherheiten bei den Messungen im Zusammenhang mit dem Verhalten der Subdetektoren zu verringern. Es ist auch sehr wichtig, unser Computersystem auf die Bewältigung viel größerer Datenmengen vorzubereiten. Daher investiere ich einen Teil des Tages, um Engpässe im Analyse-Workflow zu erkennen und die Werkzeuge zu entwickeln, die einen stabilen Betrieb gewährleisten. 

 

Was machst Du am liebsten, wenn Du gerade nicht mit Belle II beschäftigt bist?

Da wir relativ neu in Hamburg sind, verbringe ich meine Zeit mit meiner Frau, um neue Orte zu besuchen und herumzureisen. Wenn ich zu Hause bin, koche ich gerne. Natürlich mexikanisches Essen! Aber es ist auch toll, neue Rezepte aus der ganzen Welt kennenzulernen. Ich freue mich darauf, mehr über deutsche Gerichte zu erfahren. 

 

Was würdest Du jemandem erzählen, der noch ganz am Anfang steht und in das Belle II-Projekt einsteigen will?

Komm und schließe Dich uns an. Wir sind ein Experiment, das gerade erst anläuft, und es gibt viele Chancen für Entdeckungen. Unser Experiment ist einzigartig in seinen Möglichkeiten, und wir werden im nächsten Jahrzehnt ein wichtiger Akteur sein. Du brauchst nur die Energie und die Neugier, und in ein paar Jahren wirst du ein Experte in einer unserer Arbeitsgruppen sein. Außerdem ist es fantastisch, mit Menschen aus der ganzen Welt zusammenzuarbeiten! Wir lernen voneinander und arbeiten hart zusammen, um die Ziele des Experiments zu erreichen. Es ist toll zu wissen, dass ich Freunde in vielen Ländern habe. 

 

* Dieses Interview wurde auf Englisch geführt und anschliessend von den Interviewern übersetzt.